Somerset

Auf Reisen | 30. Juli 2018

Englands Süden, das sind schöne Landschaft, pittoreske Dörfer und gepflegte Tradition. Nach dem, in dieser Hinsicht eher anspruchslosen, Urlaub auf Fuerteventura im letzten Jahr, wurde es Zeit, auch einmal derlei klassische Vorzüge zu genießen.

Der letzte Urlaub in Südengland ist lange her. Damals ging es mit Bus und Bahn von einem Ort zum nächsten. Diesmal ging es mit dem Mietwagen von London in die Grafschaft Somerset um von dort aus, je nach Lust und Laune, den einen oder anderen Ausflug in die Umgebung zu machen.

Roadwater

Wir nehmen Quartier in einem Cottage nahe Roadwater, einer kleinen Ortschaft im Distrikt West Somerset, mitten im Exmoor National Park. Das Cottage hat nur sechs Gästezimmer und ist »Adults only«. Es ist vom Ort aus über eine einspurige, von Raufußhühnern bevölkerte Nebenstraße zu erreichen. Der Ort besteht aus den typischen kleinen englischen Häusern, die mit viel Liebe zum Detail ausgeschmückt sind. Es gibt eine Kirche, einen Gemischtwarenladen und einen Pub. Die Einwohner wollen den Gemischtwarenladen aufkaufen und renovieren. Die Pläne für dieses Vorhaben werden vor dem Laden ausgestellt. Im Pub, dem Vailant Soldier, kann man gut essen und trinken. Die Kirche haben wir nicht besucht.

Dunster

Nach einem Tag der Aklimatisierung und Erholung von der anstrengenden Reise, sowie einem Spaziergang rund um das Landhaus, ging der erste Ausflug in die Ortschaft Dunster, ca. 6 Meilen oder 15 min von Roadwater entfernt. Dunster selbst ist bekannt für sein sehr schön erhaltenes Stadtbild. An der Hauptstraße befindet sich praktisch in jedem Haus ein Souvenierladen oder ein Cafe. Über all dem thront Dunster Castle, eine, seit der angelsächsischen Zeit bewohnte und mehrfach umgebaute und erweiterte Festungsanlage, die lange Zeit als Landhaus wohlhabender Adliger genutzt wurde und nun unter Verwaltung des National Trust steht. Im Castle wird man in jedem der zugänglichen Räume von hilfreichen Volunteers erwartet, die mit typisch britischem Humor die eine oder andere Anekdote zur Geschichte des Hauses erzählen können. Der Eintritt beträgt übrigens rund 12 Pfund oder 14 Euro pro Person.

Minehead

Minehead ist das Verwaltungszentrum des Bezirks West Somerset und ein alter Badeort, welche seine besten Zeiten bereits hinter sich haben soll. Dessen ungeachtet genießen wir bei bestem Wetter den säuberlich herausgeputzten Bahnhof inkl. einer alten Dampflokomotive, den breiten Strand, die Esplanade am Kai entlang und die Einkaufsstraße The Avenue im Zentrum. Am Ortsrand von Minehead gibt es einen Supermarkt, in dem wir im »Cider-Land« Somerset vergebens nach hiesigen Äpfeln Ausschau hielten.

Dulverton

Am südlichen Rand des Exmoor National Park liegt die Ortschaft Dulverton. Über den Fluss Barle führt eine Brücke, die bereits seit dem Mittelalter besteht. Auch Dulverton besteht zum größten Teil aus sehr ansehnlichen kleinen alten Häusern. Das Wetter ist sehr sonnig und warm, wir rasten unter Bäumen im Friedhofsgarten einer Kirche. Zurück nach Roadwater geht es über enge Landstraßen die links und rechts tunnelartig von Hecken und Bäumen gesäumt sind.

Glastonbury

In den Straßen von Glastonbury riecht es intensiv nach Weihrauch. Verantwortlich dafür ist nicht die Abbey aus dem 6. Jahrhundert. Von ihr sind nur noch Ruinen zu sehen. Die Stadt mit 9.000 Seelen ist ein Zentrum des New-Age oder auch der Esotherik. Dies liegt wohl an den Mythen und Legenden um den nahe gelegenen Hügel Glastonbury Tor, derentwegen Glastonbury den Anspruch erhebt, das sagenhafte Avalon zu sein. Wir haben diesen Hügel nicht bestiegen, es war einfach zu warm dafür. Die Straßen sind also voll von Anhängern dieser Legenden, überall gibt es entsprechende Ausrüstung für diese Form der Religiösität gegen Englische Pfund einzutauschen. Die Abbey ist hingegen eher ein Ort der Ruhe, die man gegen 12 Pfund Eintritt pro Person genießen kann. Bekannt ist Glastonbury übrigens auch für das Glastonbury Festival, ein Festival für Musik und darstellende Kunst, welches auch als britisches Woodstock-Festival beschrieben wird.

Portsmouth

Der längste Ausflug dieser Reise ging nach Portsmouth in der Grafschaft Hampshire. Für die 210 km sind ca. 3 Stunden Fahrtzeit veranschlagt. In Portsmouth angelangt besuchen wir das Historic Dockyard mit der HMS Victory. Sie ist - ganz britische Tradition - noch immer das offizielle Flagschiff des Ersten Seelords ihrer Majestät und das älteste, noch in Dienst befindliche Segelschiff der Welt. Ihre Kiellegung war 1759. Ihre Besatzung betrug zu Kriegszeiten ca. 850 Personen. In den 1920er Jahren wurde sie ins Trockendock geschleppt und wird seitdem von den traditionsbewussten Briten gehegt und gepflegt. Sie dient noch immer dem Ersten Seelord für offizielle Empfänge und Veranstaltungen. Die an Bord befindlichen Kanonen (über 100 Stück) und die vier großen Anker wurden aus statischen Gründen durch hölzerne Nachbildungen ersetzt. Die im Original aus Holz gefertigten Masten und Rahen wurden hingegen durch Nachbildungen aus Metall ersetzt. Nach einer ausgiebigen Besichtigung des Schiffes und des Museums geht es zurück nach Roadwater. Dort angelangt, ist es Zeit, für mindestens einen Tag Erholung von den Strapazen dieses Ausfluges.

Lynmouth/Lynton

Über Dunster, Minehead und Porlock gelangt man auf einer sehr schönen Landstraße nach Lynmouth/Lynton. Man durchquert dabei die Heide am nördlichen Rand des Exmoor. Lynmouth liegt direkt am Bristolkanal. Es riecht nach Meer und es gibt auch hier viele kleine Geschäfte in denen es viel zu sehen - und zu kaufen - gibt.

Exeter

Der letzte Ausflug führte nach Exeter in der Grafschaft Devon. Die Stadt liegt am Beginn des Exmouth, der Mündung des Flusses Ex - von dem das Exmoor seinen Namen hat - der in den Ärmelkanal mündet. Die Stadt hat 130.000 Einwohner und viele Sehenswürdigkeiten. Die bekannteste davon dürfte die Kathedrale St. Peter sein. Sie wurde ab 1112 errichtet, als der Bischofssitz vom nahe gelegenen Crediton (Geburtsort von Bonifatius, dem Apostel der Deutschen) hierher verlegt wurde, weil die Stadtmauern von Essex besseren Schutz vor den marodierenden Nordmännern boten. Essex hat eine recht hübsche Fußgängerzone, die man sich nur mit den Bussen des Nahverkehrs teilen muss.

Fazit

Weder der zweieinhalb Stunden verspätete Abflug in Wien noch der Regen am ersten und am vorletzten Tag konnten den Urlaubsgenuss schmälern. Englands Südwesten war ein vorzüglicher Ort, um sich in der ländlichen Ruhe und in herrlicher Landschaft vom Alltag zu erholen. Dazu haben die, im Vergleich zum Kontinent meist angenehmen Temperaturen und nicht zuletzt auch die Engländer mit ihrer freundlichen, ruhigen Art beigetragen.