Digitale Diktatur

Gelesenes | 25. Dezember 2014

Stefan Aust und Thomas Amman skizzieren die Gefahren die durch die Verselbstständigung von NSA und Konsorten der demokratischen Gesellschaft drohen bzw. bereits traurige Realität geworden sind.

Die Privatheit dessen, was ich tue, was ich äußere, wo ich bin und was ich - wahrscheinlich - denke, war einmal ein hohes Gut. Der Staat in dem ich aufwuchs gerierte sich als Hüter dieses heiligen Grals der freien Welt. Er differenzierte sich mit dieser Privatheit von anderen, »bösen« Staaten in denen sich das Individuum in den Bedürfnissen der Masse auflöst. In Zeiten großer Internetkonzerne und technologisch hochgerüsteter Geheimdienste ist all dies obsolet. Und es scheint tatsächlich nur wenige Menschen zu stören. Denn die digitale Revolution hat unser Leben massiv verändert, und die neuen Kommunikationswege erleichtern unseren Alltag zum Teil erheblich. Aber wir zahlen dafür einen hohen Preis. Privateste Details, Bewegungsprofile und Kaufverhalten, nahezu alles kann anhand unseres digitalen Fingerabdrucks rekonstruiert werden.

Menschen wie Edward Snowden veröffentlichen verstörende Details über die Praktiken der Geheimdienste. Einrichtungen die mich und meine Demokratie schützen sollen (so die Sicht des unbedarften Wahlberechtigten) entpuppen sich als schlimme Feinde. Durch die potentielle Totalüberwachung meiner elektronischen Kommunikation und meines Verhaltens im Internet geht viel von dem, was Demokratie einmal für mich bedeutete verloren. Wie die Welt spätestens seit der NSA-Affäre weiß, werden die technischen Möglichkeiten zur massenhaften Datensammlung und Ausspähung auf breiter Front von den kommerziellen Konzernen genauso wie von den sog. Diensten genutzt. Orwells Big Brother ist gegen das Big Data der sog. Informationskonzerne ein Zwerg, auf diese Formel bringen Stefan Aust und Thomas Ammann im Rückgriff auf George Orwell die neue digitale Welt. Sie beschreiben eine Entwicklung, die zeigt, wie sehr das Internet, von dem man sich dezentrale und herrschaftsfreie Kommunikation erhofft hat, von Wenigen für ihre Zwecke instrumentalisiert und von Sicherheitsbehörden überwacht wird. Die Autoren entwerfen das pessimistische Bild einer Welt, die Gefahr läuft, sich mit der digitalen Überwachung zu einer modernen und allumfassenden Version von Huxleys »Schöner neuen Welt« zu wandeln – nicht zuletzt auch durch unser eigenes Zutun.