Willy Brandt. Ein Leben, ein Jahrhundert

Gelesenes | 17. Juni 2014

Willy Brandt ist einer der wenigen Politiker, die mit ihrem Handeln auf friedliche Weise richtungsweisenden Einfluss auf die Geschichte genommen haben.Unter den deutschen Bundeskanzlern ist er der Visionär. (Hans-Joachim Noack: Willy Brandt. Ein Leben, ein Jahrhundert, Verlag Rohwohlt)

Ohne sein politisches Wirken würde Europa, und im Besonderen Deutschland, heute noch in den Strukturen der Nachkriegszeit verharren. Eine nähere Beschäftigung mit der Person liegt also nahe. Trotzdem ist die Biographie von Hans-Joachim Noack das erste Buch, das ich über Willy Brandt gelesen habe. Auf 340 Seiten erzählt der Autor detailreich aus dem Leben des so umstrittenen und doch so einflussreichen Politikers. Mein Eindruck ist eher zwiespältig. Die historischen Abläufe sind oft schwer zu verfolgen. Manchmal kamen  mir Zweifel über die Seriosität des gerade gelesenen, ob es nun den Inhalt oder die Art und Weise der Erzählung betrifft. So beschreibt der Autor die Reaktion Brandts auf den durchaus dramatischen Verlauf des Wahlabends 1969: »Je weiter die damals noch zeitraubende Auszählung der Stimmen voranschreitet, desto stärker hellt sich die fast zur Maske erstarrte Miene Willy Brandts auf, und seine Hände ballen sich unwillkürlich zu Fäusten.« Das liest sich wie ein Roman und das ist einer der Momente, in denen ich mich frage, war der Autor live dabei? Er wäre 29 Jahre alt gewesen. Oder wer hat es ihm in dieser Detailtreue erzählt? Leider bleiben solche Fragen unbeantwortet. Diese Details selbst sind eigentlich auch irrelevant für den Blick auf die damaligen Ereignisse. Sie beeinflussen die Leistungen und das Wirken des Politikers Willy Brandt in keiner Weise.