Die Schatzinsel

Gelesenes | 30. Dezember 2019

Die Schatzinsel ist ein Klassiker der Abenteuerliteratur aus der Zeit der frühen Moderne. In der neuen Übersetzung von Andreas Nohl ist das Buch für mich der perfekte Begleiter durch die Weihnachtszeit. (Robert Louis Stevenson, Hanser Verlag)

Stevensons Geschichte über die Abenteuer von Jim Hawkins ist - natürlich! - keine neue für mich. Im Bücherschrank steht noch eine reichlich abgegriffene Ausgabe aus den 1960er Jahren. Aber gute Geschichten kann man ja immer wieder lesen. Noch dazu, wenn sie in einer Neuübersetzung vorliegen. Was ja, wie beim Letzten Mohikaner, zu ganz neuen Eindrücken führen kann.

Die Neuübersetzung von Andreas Nohl, der schon Stevensons St. Ives übersetzt und herausgegeben hat, beschränkt sich für mich größtenteils auf die Sprache der Piraten. Sie reden wie heute Piraten der Schnabel gewachsen wäre. So wird aus einem »Ja! Flint war die Krone aller Seeräuber« in meiner alten Ausgabe ein »Ach! Das war doch der Größte von allen, der Flint« in der Neuübersetzung. Für mich ist das weder ein Vor- noch ein Nachteil.

Die Geschichte selbst bleibt unverändert. Zentrale Figur ist der 12-jährige Jim Hawkins, Sohn von Wirtsleuten die um das Jahr 1765 am Bristolkanal eine Schankstube betreiben. (Im Buch selbst wird dessen Alter nicht genannt. Er sollte jedoch das gleiche Alter haben, wie Lloyd, Stevensons Stiefsohn. Dieser wurde 1868 geboren und war zurzeit der Entstehung des Romans 12 Jahre alt.) Jim gerät durch Zufall in eine abenteuerliche Schatzsuche, die alles zu bieten hat, was sich der (jugendliche) Leser wünscht: Ein schnittiger Schoner, Piraten, Meuterei, Pulverdampf und exotische Schauplätze. Nicht zuletzt durch seinen jugendlichen Hang zum Anarchischen übersteht er alle Gefahren und dunklen Verlockungen und sorgt fast im Alleingang dafür, dass zum Schluss das Gute über das Schlechte siegt.

Wer die Geschichte kennt, für den bietet diese Ausgabe dennoch einiges an Mehrwert: Einige historische Texte des Autors zum Werk, eine Geschichte darüber, wie das Buch von der Schatzinsel zu dem wurde, was es noch heute ist, ein Bericht seiner Frau über dasselbe Thema, sowie ebenso von seinem Stiefsohn (dessen gemalte Schatzinsel Stevenson zum Anlass nahm, ein Buch darüber zu verfassen.

»Wer die Schatzinsel aufmerksam liest, wird selbst feststellen, dass Stevenson alles andere als eine launige Schatzgräbernatur war, dass er mit seinem Roman nicht nur einen ›eskapistischen Tagtraum‹, sondern - stilistisch auf höchstem Niveau - die Widersprüchlichkeit der menschlichen Seele beschrieb. Wenn das keine brillante Unterhaltung ist.« Peggy Neidel, Deutschlandfunk,