Der alte Rega

Audio | 13. März 2011

Das Abspielen von Schallplatten (heute gerne Englisch »Vinyl« genannt) hat sich von einer täglichen Banalität über einen belächelten Spleen hin zu einer Glaubensfrage, inklusive verkrampft geführten Diskussionen über allerlei Physik und Psychologie entwickelt.

Letztlich ist die Schallplatte ein Gesamtsystem aus Produktion und Reproduktion und hat gegenüber der CD, SACD oder DVD-Audio beim Handling und der reinen Wiedergabe von Musik eindeutige, mitunter sehr störende, aber leider systembedingte Nachteile. Es braucht daher einiges an Vorbereitung und Aufmerksamkeit für den ungestörten Musikgenuss von Schallplatte. Trotzdem höre ich mehr Musik von Schallplatte als von CD. Was letztlich, wie alles bei Musik, Geschmackssache ist.

Für das Abspielen von Schallplatten nutze ich seit Jahrzehnten eine Kombination aus Rega Planar 3 Laufwerk und SME Series III Tonarm.

Der Rega ist ein sogenannter Brettspieler. Soweit ich mich erinnere, war dieses Prinzip damals, Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre einmalig. Dahinter steckt die Grundidee, dass unnötige Masse angeblich eine möglichst direkte Wiedergabe von Musik behindert. Das Chassis besteht im Prinzip nur aus einer beschichteten Spanplatte. Hinzu kommen ein einfaches Tellerlager, der Antriebsmotor, die Elektronik, der Ein-/Ausschalter und die drei Gummifüßen auf denen das Laufwerk steht.

Der Planar 3 verfügt über keinerlei Luxus. Kein glimmendes Lämpchen gibt Auskunft darüber, dass er eingeschaltet ist. Dem Besitzer muss hier der sich drehende Plattenteller als Zeugnis genügen. Er hat weder Voll- noch Halbautomatik. Die Nadel muss von Hand mit dem Tonarmlift aufgelegt und abgenommen werden. Der Spieler stoppt nicht am Ende der Schallplatte und für den Wechsel der Drehzahl muss der Plattenteller abgenommen und der Antriebsriemen von Hand auf dem Pulley umgelegt werden. Die Antriebselektronik gestaltet sich ... übersichtlich. Die Platine ist im Original mit zwei Bauteilen bestückt. Die Story mit der geringen Masse mag ins Reich der Esotherik gehören, jedenfalls macht der primitive Aufbau den Rega zu einem langlebigen Gerät.

Der Rega wurde fixfertig oder aber ohne Tonarm angeboten. Der Rega-eigene Arm nannte sich R200 und wurde von Acos in Japan hergestellt. Ich erwarb das Laufwerk nackt und musste dann eine passende Aussparung für den Tonarm in das Chassis fräsen. Der gewählte SME Series III wurde vom Hersteller als »The best pick-up arm in the world« beworben. Die Konkurrenz hat dem nicht widersprochen. Er sollte den konstruktiv aus den 1950er Jahren stammenden, schon recht betagten Series II (auch Modell 3009 genannt) ersetzen, was aber nicht gelang. Zum einen hatte der Series III mit dem offenen Messerlager und einer Grundplatte aus Blechteilen die gleichen konstruktiven Schwächen wie der Series II, zum anderen waren die Optik und der hohe Anteil an Kunststoffteilen dem damaligen Publikum nur schwer zu vermitteln.

In den über 30 Jahren seit dem Kauf haben Laufwerk und Tonarm einige Upgrades erfahren. Der Motor inkl. Elektronik und Aufhängung wurde ausgetauscht. Der gläserne Plattenteller wurde durch einen Acrylteller ersetzt. Der Subteller, der im Original die Haptik eines Joghurtbechers vermittelt, wurde gegen einen hochwertigen Subteller ausgetauscht. Beim Tonarm wurde das SME-Audiokabel durch ein Kabel der Fa. Project ersetzt. Und anstatt des alten Tonabnehmers Shure V15 verrichtet längst ein Ortofon Vinylmaster Silver seine Dienste.

Hier verbirgt sich leider auch ein Problem des Tonarms. Der Mode der späten 1970er folgend, ist der Series III ein ultraleichter Tonarm. Heute hingegen werden zumeist mittelschwere bzw. schwere Tonarme gebaut. In Folge wird die Auswahl geeigneter Tonabnehmer leider immer geringer.