Unter Freunden

Gelesenes | 26. April 2014

Amos Oz erzählt in seiner unnachahmlichen Art auf rund 200 Seiten acht spannende und ansprechende Geschichten aus einem - fiktiven - Kibbuz in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts. (Amos Oz, Suhrkamp)

Da Buch ist eine Sammlung kleiner und feiner Geschichten von Menschen, die in einem israelischen Kibbuz der 1950er Jahre zusammen leben. Zvi Provisor, der mürrische Gärtner des Kibbuz Jikhat, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Gemeinschaft mit Katastrophenmeldungen zu versorgen: die Erkrankung des norwegischen Königs, der Brand in einem spanischen Waisenhaus, ein Vulkanausbruch in Chile. Abgelenkt von seiner täglichen Dosis Pessimismus, entgeht ihm, dass die Witwe Luna Blank nur ihm zuliebe ihr gutes Sommerkleid trägt. Er, der keine Berührungen zulassen kann, muss erkennen, dass die ungewohnte weibliche Präsenz seine ihm heilige Alltagsroutine ins Wanken bringt.

In jeder Geschichte geht es um ein Einzelschicksal wie das oben geschilderte, das aber durch die Gemeinschaftsstruktur des Kibbuzlebens mit den anderen Geschichten verflochten ist. Man lernt echte Prinzipienmenschen kennen, die die Idee des Kibbuzlebens bis zum Letzten verteidigen, man lernt potentielle Ausbrecher kennen, Liebende, Schüchterne, Arbeiter, Eltern usw. Ich mochte jede Geschichte sehr gern. Jede ist auf den Punkt in wunderbarer einfacher Sprache erzählt. Jede Figur ist überzeugend und in ihrer Eigenart sehr sensibel dargestellt. So lernt man eine Reihe interessanter Menschen kennen und es war sehr schade, sie schon nach zwei Tagen zurücklassen zu müssen.

»Unter Freunden ist ein großes Werk, ruhig, beharrlich, kraftvoll, anrührend, ein Buch, dem man viele Leserwünscht, die ihre Gedanken mit ihm schweifen lassen.« Meike Fessmann, Süddeutsche Zeitung 6.5.2013